Risiko: Null-Prozent-Finanzierung

Risiko: Null-Prozent-Finanzierung

Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit lauert sie an allen Ecken und Enden – die Null-Prozent-Finanzierung. Elektronik-Märkte, Möbelhäuser, Versandhäuser und viele mehr bieten den Konsum auf Pump. Leisten kannst du es dir vielleicht nicht, aber egal, die kleine Rate geht schon irgendwie.

Na, erwischt? Die Vorweihnachtszeit ist nicht ohne Grund die umsatzstärkste Zeit der Einzelhändler. Und selbst die, die sich “eigentlich nichts schenken” neigen zu größeren Anschaffungen. Die neue Küche, der riesengroße Fernseher, der ausgefallene Kinderwagen, die exquisite Surround-Anlage, die megatolle Kaffeemaschine – die Verlockungen lauern an allen Ecken und Enden. Wenn dir der Händler dazu eine Null-Prozent-Finanierung anbietet, macht er das nicht, um dir einen Gefallen zu tun. Unter ‘m Strich handelt es sich nur um eins: Eine Marketingmaßnahme, um die Absatzzahlen zu steigern.

Was steckt hinter der Null-Prozent-Finanzierung?

Bei einer Null-Prozent-Finanzierung handelt es sich um nichts anderes als einen Ratenkredit mit Laufzeit x und einem Zinssatz von 0%.

Wenn Du ein Produkt – völlig egal welches – über eine Null-Prozent-Finanzierung kaufst, befindest Du dich in einem Dreiecksverhältnis. Du schließt zwei Verträge ab: einen Kaufvertrag mit dem Händler und einen Kreditvertrag mit einer Bank oder Finanzierungseinrichtung im Hintergrund. Die Bank zahlt den Kaufpreis an den Händler und du zahlst über den Kredit deine Schuld dafür bei der Bank ab.

Gehe einfach davon aus, dass eventuelle Kosten, die dem Händler dadurch entstehen (z.B. dass er nicht den vollen Kaufpreis ausbezahlt bekommt, sondern nur 95 oder 98%, so genanntes Disagio), in deinen Kaufpreis einkalkuliert sind. Für den Händler lohnt sich das Geschäft, weil er eine Möglichkeit gefunden hat, seinen Umsatz zu steigern (du kaufst, obwohl Du es dir eigentlich nicht kaufen solltest) und weil er das Risiko der Finanzierung abgibt an die Bank.

Für die Bank rechnet sich das Geschäft, denn auch wenn sie keine Zinsen bekommt, hat sie vollkommen unkompliziert und meist ohne, dass du es merkst dich als Kunden und damit deine Daten gewonnen. Sie braucht keinerlei Werbung zu schalten und kann dir gleich oder später für sie lukrative Angebote machen.

Mit der Finanzierung ist übrigens häufig ein verlängerter Eigentumsvorbehalt verbunden. Das heißt also, du wirst faktisch erst Eigentümer, wenn du deine Schuld beglichen hast.

Die Gefahren der Null-Prozent-Finanzierung

AusrufezeichenDie größte Gefahr bei Null-Prozent-Finanzierungen liegt darin, dass sie in vielen Fällen der Einstieg in die Schuldenspirale sind. Du kaufst Dinge, die du nicht brauchst, mit Geld, was Du nicht hast. Damit missachtest Du eines der grundlegendsten Prinzipien beim Umgang mit Geld. Du stellst das kurzfristige Glücksgefühl des Erwerbs über die langfristige Strategie. Die Ratenzahlung hält in der Regel viel länger als die tatsächlich empfundene Freude über die Anschaffung. Manchmal hält die Ratenzahlung gar länger als das eigentliche Produkt.

Ich weiß, dass Du das jetzt nicht schön findest. Es ist aber genauso. Niemand – wirklich niemand – verlangt von dir, dass Du dir Dinge kaufst, die Du dir eigentlich nicht leisten kannst. Es ist einzig und allein dein Denken, das diesen “Druck” ausübt. Klar, die Werbung beeeinflusst dich. Und vielleicht hast Du auch das Gefühl, irgend jemanden beeindrucken zu müssen. Das ist aber nur dein Gefühl. Brauchen tust du es nicht.

Stelle dir mal folgende Frage: Wenn du dir jetzt auf einmal – ab heute – eine Rate von – sagen wir 175 EUR leisten kannst – was einem Kreditbetrag von 3.000 EUR bei knapp 18 Monaten Laufzeit entsprechen würde – warum hast du die 175 EUR nicht die letzten 18 Monate zurückgelegt?

Weil du es nicht konntest?

Wieso kannst du es dann ab heute?

Wenn Du mit dem Gedanken spielst, die Rate aus dem Dispo zu zahlen – briche den Gedanken bitte ab. Der Dispo ist nur ein weiterer Kredit. Und zwar ein richtig teurer. Dann kostet dich deine “schöne Null-Prozent-Finanzierung” nämlich auf einmal 10% oder mehr Zinsen.

Fakt ist: Du kannst es dir nicht leisten. Und wenn Du ehrlich bist, brauchst Du es auch nicht.

Was ich gelten lasse, ist eine rein betriebswirtschaftliche Überlegung. Angenommen, du hast ein ausreichend hohes Rücklagenkonto, das Du jeden Monat besparst und das dir eine solide Rendite bringt. Dann macht es betriebswirtschaftlich Sinn, die Rate für eine gewisse Zeit “umzulenken” und die Null-Prozent-Finanzierung zu nutzen statt das Guthaben zu verringern. Man spricht hier von der Ausnutzung des Leverage-Effektes. Dein Ertrag ist dann höher als die Kosten der Finanzierung.

Weitere Risiken bei einer Null-Prozent-Finanzierung

Neben der grundsätzlichen Gefahr solcher Finanzierungen lauern noch jede Menge weitere Fallen. Wie gesagt, der Händler macht das nur aus Umsatzgründen. Die Verkäufer sind geschult, dir noch höherpreisige Angebote zu machen getreu dem Motto “wenn du eh schon mit 0% finanzierst, kommt es auf 300 bis 400 EUR mehr auch nicht mehr an”.

Zudem sind Angebote mit Null-Prozent-Finanzierung meist nicht die besten Angebote, die du finden würdest, sprich das Angebot ist häufig teurer als bei anderen Händlern. Zudem lenken die kleinen Raten vom Gesamtkaufpreis ab.

Der Händler neigt außerdem dazu, dir nur die Vorzüge des Produktes schmackhaft zu machen, so dass du dich quasi in dein neues Wasauchimmer verliebst und den Kreditvertrag im Detail gar nicht mehr prüfst. Du schaltest deinen Verstand völlig aus, gibst dich deinem Glücksgefühl des Erwerbs hin, die Endorphine spielen verrückt – und unterschreibst blind, Hauptsache die Rate ist klein und die Finanzierung geht durch.

Oft werden dir mit dem Kreditvertrag weitere “Geschäfte” untergejubelt. Zusatzversicherungen, kostenpflichtige Kreditkarten, Rahmenverträge mit hohem Zins. Manchmal fallen auch Entgelte für den Abschluss der Verträge an. Gerade bei so genannten Rahmenverträge lauern große Gefahren für deine finanzielle Sicherheit. Oft gleichen diese Rahmenverträge einer Art Dispo, nur dass du hier regelmäßige Mindestraten abbezahlst und für den Rest bezahlst du – meist hohe – Zinsen. Hier besteht insbesondere die Gefahr, den Überblick zu verlieren.

Besonders riskant wird dein “Finanzierungsmodell” wenn Du die Raten für deine Null-Prozent-Finanzierung nicht aus deinem Kontoguthaben zahlen kannst, sondern dafür mehr oder regelmäßig deinen Dispo auf deinem Girokonto in Anspruch nimmst. Dann gibst Du in zweierlei Hinsicht Geld aus, das du nicht hast.

Vielfach besteht auch das Risiko einer so genannten Ballonzahlung am Ende der Laufzeit. Gerade wenn die Raten über die Laufzeit besonders niedrig gehalten werden, “wartet” am Ende der große Batzen. Vor allem bei KfZ-Finanzierungen wird dieses Modell häufig eingesetzt. Wenn du dann nicht den gesamten Vertrag im Blick hast, stehst du oft vor einem großen Problem. Klar, kannst du dann dein Auto verkaufen und mit dem Erlös den Ballon ablösen. Danach folgt aber die nächste Finanzierung mit genau dem gleichen Modell, denn eine Anzahlung hast du dann wieder nicht. Dazu kommt noch, dass du mit diesem Modell auf dem Drahtseil tanzt. Erstens weißt du nicht, ob der Verkaufserlös tatsächlich die Schlussrate abdeckt. Zweitens läuft die Finanzierung unabhängig vom Bestand des Fahrzeugs, d.h. baust du z.B. einen Unfall und bekommst nicht alles oder im schlimmsten Falle nichts ersetzt, läuft die Finanzierung trotzdem weiter und der Ballon wartet trotzdem am Ende.

Bevor jetzt die Diskussionen los gehen – ja, mittlerweile ist ein Auto ein Gegenstand, den die meisten finanzieren müssen. Nichtsdestotrotz kann man auch dabei die größten Fehler vermeiden, indem man sich einfach ein paar Grundprinzipien zu eigen macht…

So machst Du es besser

Wenn du nicht über die Null-Prozent-Finanzierung direkt in die Schuldenfalle rutschen willst, solltest Du dir ein paar grundlegende Fragen stellen bzw. ein paar Ideen mitnehmen:

  • Hinterfrage, ob du den zu finanzierenden Gegenstand wirklich brauchst. Ob du ihn jetzt sofort brauchst. Ob es wirklich genau der zu diesem Preis sein muss.

Meist geht es ja nur um Bedürfnisbefriedigung. Wenn du auf finanziell stabilere Beine kommen willst, wirst du nicht drumherum kommen, deine Bedürfnisse zu hinterfragen. Konsum ist meist nur ein auferlegtes Bedürfnis, kein Grundbedürfnis. Nehmen wir als Beispiel Fernsehen: Die Bedürfnisse sind Information und Entertainment. Dazu willst du ein gutes Bild und einen geringen Stromverbauch. Wenn du dich also auf den Weg machst, prüfe mal, ob es dann wirklich der 80Zoll Fernseher mit curved Optik etc. jetzt sofort sein muss. Oder ob du dir dieses “Luxusobjekt” nicht erst “erwirtschaften” solltest statt es zu finanzieren?

  • Wenn ich mir die Rate bisher nicht leisten konnte, um sie anzusparen, wieso kann ich sie mir jetzt leisten?
  • Wäre es nicht eine Option, mich langsam zu steigern statt mit 110% anzufangen?
  • Wie viel könnte ich “verdienen”, wenn ich die Rate für Kredit investieren würde und vielleicht 4% Rendite erzielen könnte?
  • Habe ich ein ausreichend gefülltest Rücklagenkonto, so dass ich im schlimmsten Fall 4 bis 6 Monate ohne Einnahmen überleben könnte?

Das sind ein paar grundlegende Fragen, ob du die Finanzierung überhaupt eingehen solltest. Wenn du trotzdem der Meinung bist, dass du die Finanzierungen brauchst, achte bitte auf Folgendes:

  • Die Laufzeit des Kredites sollte nicht wesentlich von der realistischen Nutzungsdauer abweichen.
  • Rechne vorher genau aus, was du dir wirklich dauerhaft leisten kannst.
  • Kleine Raten haben meisten einen Haken.
  • Lies das Kleingedruckte.
  • Unterschreibe nichts, das du nicht verstehst.
  • Lass dir keine Zusatzgeschäfte “andrehen”.
  • Wenn du die Finanzierung nicht bekommst – gibt nicht anderen die Schuld, sondern gehe in dich und hinterfrage deinen grundsätzlichen Umgang mit Geld.

Auch wenn es heute in der überwiegenden Mehrheit der Fälle als normal angesehen wird, Schulden zu machen oder Schulden zu haben – es ist kein Prinzip, wenn man gut mit Geld umgehen will. Und alle die, die es aus eigener Kraft zu einem gewissen Wohlstand bzw. finanzieller Sicherheit geschafft haben, haben das nicht geschafft, weil sie ständig auf irgendwelche Null-Prozent-Finanzierungen hereingefallen sind. Schulden machen dich abhängig und schränken dich in deinen Handlungsmöglichkeiten ein.

Die meisten Leute haben nicht finanziell zu kämpfen, weil sie kein Geld haben. Sie haben finanziell zu kämpfen, weil sie regelmäßig Geld ausgeben, das sie nicht haben.

3 thoughts on “Risiko: Null-Prozent-Finanzierung”

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