Manchmal treffen dich die Erkenntnisse unvorbereitet. Aber vielleicht wusstet Du es schon die ganze Zeit und nur noch ein kleiner Impuls hat gefehlt. Mich hat’s Sonntag früh beim Lesen von „Das Wunder in dir“ erwischt und da war sie, die Frage, die mir keine Ruhe lässt.
Was, wenn wir gar keine Angst davor haben, zu scheitern, sondern Angst davor, dass es klappt? Wenn wir noch gar nicht der Mensch sind, der sich das „Klappen“ selbst gönnen kann? Was sind wir dann ohne unser ganzes „Drama“? Ohne unsere Gewohnheiten, die uns so schön klein halten? Ohne die Schuld, die wir anderen aufdrücken können? Ohne die Gedanken, die sich permanent im Kreis drehen können, nur damit man nicht anfängt? Oder anfangen und nichts fertig machen, nur damit wir sagen können „siehste, hat ja sowieso nicht geklappt“.
Wir wollen eben recht behalten. Aber schon Henry Ford hat ja mal gesagt „ob Du glaubst Du kannst es oder ob Du glaubst, Du kannst es nicht – Du wirst in beiden Fällen Recht behalten“. Und ja, er hat verdammt Recht. Isses nicht so, dass wir Angst vor der eigenen Größe haben? Dass wir uns in unseren Gedanken und Routinen gefangen halten, nur damit wir nichts wirklich ändern müssen? Lieber das gewohnte Leid als das unbekannte Glück.


Tnatsächlich lässt sich das sogar auch alles wissenschaftlich herleiten. Der Mensch kehrt immer zu dem zurück, was er kennt. Und das „Kennen“ kann dabei schon lange zurück liegen. Wenn wir als Kind immer eingeredet bekommen haben „lass das, du kannst das nicht“, dann glauben wir das auch heute noch unbewusst, wenn wir was Neues versuchen. Oder wenn früher immer das Geld knapp war und es regelmäßig hieß „das können wir uns nicht leisten“, dann haben wir oft auch im Erwachsenenalter ein eher unentspanntes Verhältnis zu Geld und es zerrinnt uns förmlich zwischen den Finger.
Unsere Glaubenssätze, die wir so über die Jahre entwickelt haben, sind mächtig. Bis zu 90% unserer Handlungen passieren unbewusst auf Basis dessen, was wir verinnerlicht haben. Unser Denken und unsere Routinen bestimmen unser Leben. Es dauert regelmäßig 90 Tage, bis wir neue Gedanken und Gewohnheiten etabliert haben. Dazu kommt, ich muss es wirklich wollen. Von mir aus. Nicht weil alle anderen das sagen. Es ist z.B. leicht zu sagen „ich will 10 kg abnehmen.“ Aber ob ich das wirklich will zeigt sich daran, ob ich bereit bin, die notwendigen Schritte dafür zu unternehmen. Will ich mein Essverhalten tatsächlich anpassen? Will ich mich mehr bewegen? Will ich die 10kg für mich abnehmen, weil ich das Gefühl habe, es geht mir dann besser? Oder hat irgendein Arzt was gesagt? Oder ein anderer Dritter? Oder Insta? Oder oder oder…
Wenn es mir so schwerfällt, könnte es sein, dass ich noch nicht dazu bereit bin. Vielleicht weiß es mein Herz schon. Mein Kopf aber noch nicht. Mein Kopf hat Angst, dass es klappt. Nun ist das beim Abnehmen noch n bisschen schwerer nachzuvollziehen als bei anderen Themen. Aber auch da kann man implizit Angst davor haben, dass man sich dann nicht mehr beschweren kann, dass man zu dick ist. Dass man sich nicht mehr verstecken kann, um Dinge nicht machen zu müssen, die man nicht aussprechen will (blödes Beispiel, aber z.B. ins Schwimmbad gehen). Dass das Gewicht als Ausrede herhalten kann. Etc.Wir haben es uns in unserer Komfortzone bequem gemacht und denken immer wieder „ach komm, auf die 10 kg kommt es doch gar nicht an.“ Kommt es aber wahrscheinlich schon, sonst hätten wir nicht irgendwann mal den „Abnehm-Impuls“ bekommen. Im Moment ist nur der Schmerz der Veränderung noch größer als der des Aushaltens.
Die Angst davor, dass es klappt hat auch etwas damit zu tun, dass wir unser Denken validieren müssen. Klar, wir können uns hundertmal ausdenken, was wir gern für ein Leben führen würden. Aber ist das wirklich wahr? Wollen wir das wirklich? Wollen wir die Verantwortung für all unsere Entscheidungen übernehmen? Wollen wir wirklich frei sein? Oder ist uns ein 9-to-5-Rahmen, der unserem Tag Struktur gibt, nicht vielleicht doch lieber?

Wollen wir wirklich aus allen Optionen auswählen können? Oder ist es uns nicht manchmal lieber, dass manches gar nicht zur Debatte steht? Wenn man die Menschen fragt, ob sie gern Millionär wären, sagen fast alle sofort „ja“. Aber willst Du dich wirklich mit Finanzthemen beschäftigen? Dafür sorgen, dass Du dein Geld behältst und wirklich davon profitierst und dein Geld für dich arbeitet? Lernen, was günstig und was ungünstig ist? Lernen, wem Du vertrauen kannst und wem nicht? Oder willst Du nur mal kurz in Saus und Braus leben, ein fettes Auto fahren, in die Karibik fliegen und mal kurz einen auf dicke Hose machen? Das scheint mir eine Rolle zu spielen, bei dem, was man wirklich will.
Was genau will ich eigentlich? Und da schließt sich der Kreis zur Angst vor dem Klappen. Vielleicht weiß man gar nicht so genau, was man will und glaubt deswegen auch nicht ans „gut gehen“. Oh, ein Wortspiel😉
Wie erkennt man die Angst davor, dass es klappt? Wahrscheinlich denkt man Gedanken wie
- Ich bin (noch) nicht gut genug.
- Ich muss noch xy recherchieren.
- Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.
- So schlimm isses doch gar nicht.
- Ich kann xy (noch) nicht.
- A hat gesagt, dass man erst B braucht…
- Was sollen denn die Leute denken?
Beliebt ist sicher auch „ich halte das schon noch ein bisschen aus.“ Und zack, sind aus dem Bisschen zwei, drei, fünf, sieben Jahre geworden. Wir torpedieren uns selbst damit. Wir schinden Zeit, um nicht in die Pötte kommen zu müssen. Wir verlieren uns in Kleinigkeiten, die gar keine so große Rolle spielen werden. Wir beschäftigen uns die ganze Zeit mit Kikifax, nur um keine Entscheidung treffen zu müssen.

Ja, vielleicht ist man heute noch nicht der Mensch, der sich das alles zutraut. Aber vielleicht müssen wir das auch heute noch gar nicht sein. Genauso wie der Prozess entwickeln auch wir uns doch auf der Strecke weiter. Ein Weltfußballer wurde auch nicht als solcher geboren, sondern hat irgendwann mal angefangen zu laufen. Vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig, ob es tatsächlich klappt. Wichtig ist nur, wie wir mit dem Ergebnis umgehen. Ob es geklappt hat oder nicht. Und vielleicht biegen wir unterwegs auch noch dreimal ab, ohne das heute schon alles wissen zu müssen. Was aber wahrscheinlich nicht so gut funktioniert, ist mit der Straßenkarte von Berlin durch München zu laufen und sich zu wundern, dass man nicht ankommt. Und dann auf die Karte schimpfen und sagen, dass die Umstände sch… sind. Das klappt dann wahrscheinlich tatsächlich eher nicht…
Vielleicht ist es im Moment auch noch richtig für uns mit der Wanderkarte von Tirol rumzulaufen. Wir dürfen uns dann aber nur nicht wundern, dass das Kreuzfahrtschiff nicht am Achensee abfährt. Wichtig ist ja immer, sich Dinge bewusst zu machen. Und bewusste Entscheidungen zu treffen. Heute kann es noch richtig sein, sich für die Bequemlichkeit zu entscheiden. Langfristig wird die Sehnsucht aber immer deutlicher anklopfen.
Und so bequem die Komfortzone auch ist – sie hält uns klein und schrumpft außerdem immer noch. Alsbald ist sie keine Zone mehr, sondern eher ein kleiner Kreis. Und ich glaube tatsächlich, so richtig doll steht unsere Seele nicht auf Bequemlichkeit…
„Die Angst verhindert nicht den Tod, sondern das Leben“ (Naguib Mahfuz) ist ein Satz, an dem was dran sein könnte. Was wäre, wenn wir einfach keine Angst davor hätten, dass es klappt, sondern darauf vertrauen, dass wir dann mit dem Ergebnis umgehen können? Dass wir uns bis dahin so weit entwickelt haben, dass wir genau der Mensch sind, der das „Klappen“ aushalten kann? Und vielleicht ist es ja auch ganz schön, wenn es klappt? Könnte doch theoretisch sein…